Versicherungsmakler sehen Handlungsbedarf bis zum IDD-Start

Faire Marktvoraussetzungen im Sinne der Kunden gefordert.

Das Congress Centrum Alpbach war beim 12. Alpbacher Expertentreffen mit dem Generalthema „Fit for IDD“ im Dorf der Denker bis auf den letzten Platz gefüllt. Im Beisein von Vertretern aller an der IDD-Richtlinie beteiligten Ministerien wurde breit diskutiert.

Im Februar 2016 wurde die von der EU Kommission vorgegebene Versicherungsvertriebsrichtlinie „Insurance Distribution Directive“ (IDD) in Brüssel verabschiedet und muss bis 23. Februar 2018 in nationales Recht in Österreich umgesetzt sein. Christoph Berghammer, MAS, Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler, führte einleitend aus, dass es nach unzähligen intensiven Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern gelungen ist, viele negative Auswirkungen und Einschränkungen der Richtlinie zu verhindern: „So wären beispielsweise vom Provisionsverbot für die unabhängige Beratung von Versicherungsanlageprodukten, das der IDD-Entwurf der Europäischen Kommission noch vorgesehen hätte, ausschließlich Versicherungsmakler betroffen gewesen. Auch die automatische Provisionsoffenlegung ist nun hoffentlich vom Tisch, was wir sehr begrüßen, den die Provision eines Versicherungsmaklers ist sein Umsatz, von dem die gesamten Kosten des Unternehmensbetriebes bezahlt werden müssen, während die Provision im Versicherungsvertrieb nur ein Entgelt ist. Diese Ungleichheit des Begriffes Provision würde zu massiven Verzerrungen in der Wahrnehmung des Konsumenten führen.“ Für den Fachverbandsobmann sind die Transparenz am Markt und eine hohe Serviceorientierung besonders wichtig. Denn nur ein fairer Wettbewerb unter den Vermittlern führt zu qualitativ hochwertiger und kundenfreundlicher Beratung, die dem Kunden den entsprechenden Mehrwert bringt.

Der Fachverband der Versicherungsmakler hat sich in einem gemeinsamen Papier mit den Versicherungsagenten sowie dem Österreichischen Versicherungsverband unter anderem für den Erhalt des Provisionssystems, für keine Provisionsoffenlegung, für eine verbindliche Beratung, für Technikneutralität (auch der Onlinevertrieb soll verpflichtend beraten müssen) sowie eine klare Unterscheidung zwischen Versicherungsmakler und Versicherungsagent ausgesprochen. Zudem solle es bei der Umsetzung von IDD grundsätzlich zu keinem golden plating – einer Übererfüllung der internationalen Verpflichtungen – kommen.

Ministerialrat MMAg. Stefan Trojer vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, das federführend bei der IDD-Umsetzung für die Neugestaltung der Regeln zur Versicherungsvermittlung in der Gewerbeordnung ist, führte in seinem Referat einige Punkte aus, bei dem allgemeiner Konsens auch innerhalb der Ministerien herrscht und zeigte bei anderen Punkten den möglichen Spielraum auf. Was die verpflichtende Weiterbildung betrifft so sieht der Ministerialrat die schon bisher vom Fachverband angebotenen Weiterbildungsmaßnahmen inkl. Weiterbildungszertifikat als ausreichend an: „Hier erfüllen die Versicherungsmakler schon bisher das geforderte Maß an Weiterbildung sehr zufriedenstellend.“ Die Weiterbildung gelte für alle Mitarbeiter, die in Kundenkontakt stehen – jedoch nur für den jeweiligen Aufgabenbereich.

Bei der Frage nach einer Verpflichtung zur Beratung stellte MMAg. Trojer fest, dass die Versicherungsmakler kraft Gesetzes immer schon im besten Interesse des Kunden handeln und den bestmöglichen Versicherungsschutz aus dem Markt sondieren. Basierend auf den jeweiligen Angeboten gibt der Versicherungsmakler eine entsprechende Empfehlung für das jeweilige Versicherungsprodukt, das für die Bedürfnisse des Kunden am besten geeignet ist. Ein Vertrieb bestimmter Produkte ohne Beratung scheint für den Ministerialrat möglich wiewohl es hier noch großen Diskussionsbedarf gebe.

Für strengere Regelungen – insbesondere im Bereich der Vergütung – spricht man sich im Konsumentenschutzministerium aus. Im Falle einer Provision bei Anlageprodukten soll diese zukünftig auf die gesamte Laufzeit des Produktes aufgeteilt werden und auf Verlangen des Kunden soll jedenfalls eine Provisionsoffenlegung erfolgen müssen. Dies wünscht sich die stv. Sektionschefin für die Sektion Konsumentenpolitik im BMASK, Dr. Beate Blaschek. Im Bereich der Weiterbildung stellt sie sich seitens des Ministeriums vor, dass die jeweiligen Weiterbildungsmodule immer auch einen rechtlichen Teil zum Inhalt haben sollen. Bei der Vergütung der Leistungen sieht Dr. Blaschek außerdem mögliche Interessenskonflikte durch falsche Anreize bei Vergütungssystemen. Prinzipiell sieht sie durch die IDD die Kunden sehr gut geschützt.

 „Was die Honorierung betrifft, so gibt es durch die IDD erstmalig umfassende Vorgaben hinsichtlich Vergütungen“, erklärte Univ.-Prof. Dr. Michael Gruber vom Forschungsinstitut für Privatversicherungsrecht an der Universität Salzburg. Die IDD regelt dieses Thema auf zwei Ebenen, nämlich was die Transparenz im Sinne von Offenlegung betrifft und zum anderen in der Beschränkung möglicher Vergütungen. Verboten werden laut Univ.-Prof. Dr. Gruber jene Vergütungen, die mit der Pflicht der Vertreiber, im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln, kollidieren.

Bei den Bestimmungen für Versicherungsanlageprodukte gibt es noch keine klare Definition, welche Produkte als Versicherungsanlageprodukte erfasst werden. „Hier fordern wir Rechtssicherheit, welche Produkte als Versicherungsanlageprodukte gelten sollen. Von den für Versicherungsanlage-produkte zusätzlich geltenden Bestimmungen ausgenommen werden sollten neben der Risikolebensversicherung auch die Pensionszusatzversicherung, die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge, sofort beginnende Rentenversicherungen, aufgeschobene Rentenversicherungen, Risikoversicherungen (Ablebens-, Pflege-, Begräbniskosten-, Berufsunfähigkeits-, Erwerbsunfähigkeits-, Arbeitsunfähigkeits-, Grundfähigkeits- und Dread-Desease-Versicherungen) und die betriebliche Altersvorsorge“, fordert Fachverbandsobmann Christoph Berghammer. „Es muss für uns alle ein Anliegen sein, die Ziele der IDD nach einem Mindeststandard an Regeln zu erfüllen und trotzdem unter gleichen und fairen Marktvoraussetzungen im Sinne der Kunden arbeiten zu können“, so Berghammer weiter.

Die Produktentwicklung für die Praxis war das zweite große Schwerpunktthema, zu dem Mag. Wolfgang Fitsch, Vorstand der Vero Management AG, Rechtsanwältin Dr. Svenja Richatz sowie der Vorstand der Allianz Elementar Versicherungs AG, Dr. Johann Oswald referierten.

Ziel der Aufsichts- und Lenkungsanforderungen der IDD und der designierten Verordnung „Product Oversight and Governance“ – kurz POG – ist ein erhöhter Verbraucherschutz unter anderem durch die Definition von Zielmärkten durch die Produktgeber, ein internes Freigabeverfahren für Versicherungsprodukte, ein unabhängiges Nebeneinander von Beratungs- und Produktfreigabeverpflichtungen sowie erhöhte interne Sorgfaltspflichten zur Vorbeugung von strukturellen Fehlverkäufen. Versicherer aber auch Vermittler, soweit sie Versicherungsprodukte konzipieren, haben durch die IDD ein Verfahren für die Genehmigung jedes einzelnen Versicherungsprodukts durchzuführen. Dieses unternehmensinterne Produktprüfverfahren umfasst auch jede wesentliche Anpassung bestehender Versicherungsprodukte, bevor sie Kunden angeboten werden können. Für jedes Produkt muss ein Zielmarkt festgelegt und „alle einschlägigen Risiken“ müssen für den definierten Zielmarkt bewertet werden.

Versicherungsmakler, die ihren Kunden auch weiterhin Maklerdeckungskonzepte zur Verfügung stellen möchten, müssen diese Leitlinien erfüllen soweit sie selbst „manufacturer“ sind.

Abgerundet wurde das zwölfte Expertentreffen des Fachverbandes der Versicherungsmakler mit Informationen aus erster Hand über die möglichen Auswirkungen des Brexit auf die Österreichische Wirtschaft von EU-Abgeordnetem Dr. Paul Rübig. Der EU-Abgeordnete zeigte Wege auf, wie der Brexit erfolgen könnte und betonte dabei, dass gute Handelsbeziehungen im Sinne eines Soft-Brexit in Österreichs Interesse liegen.